Mediterranea

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Mo, 16. — Sa, 21.01.2017 | 17:30 Uhr bzw. Sa 15:00 Uhr | City-Kino

IT/F/USA 2015, Regie/Drehbuch: Jonas Carpignano, K: Wyatt Garfield, S: Nico Luenen, Affonso Goncalves, Sanabel Chiraqoui, M: Ben Zeitlin, Dan Romer, Darsteller: Koudous Seihon, Alassane Sy, Aisha, 107 Minuten, OmdUT

Trailer:


Inhalt:


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Ayiva macht sich aus Burkina Faso mit seinem Freund Abas auf, um über Algerien und Libyen nach Italien zu gelangen, wo er hofft, seine Familie finanziell besser versorgen zu können. Auf dem Weg werden sie mit Sklavenhändlern, Schleppern und klimatischen Extremen konfrontiert. Die Ankunft in Rosarno erweist sich als Ernüchterung. Der Ort entspricht nicht den glamourösen Bildern, die sie im Internet gesehen haben. Vielmehr müssen sie in desolaten Unterkünften und unter sklavenähnlichen Bedingungen auf einer Orangenplantage arbeiten. Ayiva will sich trotzdem integrieren und möglichst schnell Geld verdienen, während Abas resigniert. Er will nicht akzeptieren, dass seine Erwartungen an Europa völlig überzogen sind…


Hintergrund:


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Fünf Jahre dauerten die Vorbereitungen zu diesem Debütfilm, wozu Carpignano in Gioia Tauro in Kalabrien sein Produktionsbüro bezog und selbst in Rosarno wohnte, einem Ort, der am 7.Jänner 2010 über Nacht fragwürdige Berühmtheit erlangte. An jenem Tag eskalierten die Spannungen zwischen der lokalen Bevölkerung und den Immigranten. Rosarno ist aufgrund seiner geografischen Lage ein explosives Gemisch, auch weil der Ort und seine Umgebung eine Hochburg der ´Ndrangheta, der ökonomisch mächtigsten kriminellen Vereinigung Europas, ist. Italienische Jugendliche hatten mit Luftgewehren auf afrikanische Immigranten geschossen, dabei zwei Personen schwer verletzt, was die Einwanderer zu einer Racheaktion bewog, indem sie Autos in Brand steckten und Schaufenster einschlugen. Die Ansässigen veranstalteten daraufhin eine Hetzjagd auf die Afrikaner. Kurz darauf evakuierten die italienischen Behörden die Einwanderer aus der Region. Nach Angaben der Polizei wurden 31 Ausländer, 17 Einheimische und 19 Polizisten während der Unruhen verletzt.


Der Regisseur Jonas Carpignano:


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Er verbrachte seine Kindheit  in New York und Rom und besuchte nach seinem Schulabschluss die Wesleyan University.

Jonas Carpignano zum Film:

„Als die Unruhen in Rosarno 2010 ausbrachen, bin ich sofort nach Kalabrien gereist, um mehr über die Hintergründe zu erfahren, die zu den Krawallen geführt hatten. Ich habe mit Menschen über ihre Erlebnisse gesprochen und Geschichten für ein Drehbuch gesammelt und bin dafür nach Rosarno gezogen. Meine erste Begegnung mit Koudous Seihon (Ayiva) war dabei entscheidend. Ich habe in Gioia Tauro, einer Kleinstadt in der Nähe Rosarnos, mein Produktionsbüro aufgebaut und meine Beziehung zu der Community der Immigranten immer weiter vertieft.“

„Der Protagonist in MEDITERRANEA stammt aus Burkina Faso, weil ich nicht eine Geschichte erzählen wollte, in der Menschen vor unmittelbarer Gefahr geflohen sind. Migration passiert ja nicht nur, weil Menschen vor etwas fliehen müssen, sondern aus dem Glauben heraus, dass es anderswo ein besseres, neues Leben wartet. Käme mein Protagonist aus Syrien, wäre es offensichtlich, warum er sein Zuhause hinter sich gelassen hat. Ich wollte eine Brücke ins frühe 20.Jahrhundert bauen, als viele Italiener Sizilien und Kalabrien in Massen verließen und in die USA ausgewandert sind, weil der Ort Immigranten ein besseres, ´moderneres´ Leben versprach, mit dem sie ihre Familien versorgen konnten. Die meisten Migrationswellen haben gemeinsame Charakteristiken. Süditalien war damals ein verarmter Bauernstaat und New York und Chicago bereits Weltstädte. Aber es gab auch wichtige, subjektive Faktoren: euphorische Briefe, die von Immigranten nach Hause geschickt wurden, Artikel, die in Zeitungen erschienen, und die den Traum von einem besseren Leben zelebrierten. Die Medienlandschaft ist heute eine andere, und trotzdem passiert in sozialen Netzwerken, insbesondere über Facebook, etwas sehr Ähnliches.“


Kritikerstimmen:


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„Der semi-dokumentarische Film erzählt eine fiktive Vorgeschichte des Geschehens von der Flucht übers Mittelmeer bis zur Schwarzarbeit auf den italienischen Orangenfeldern, wobei er eindringlich das perspektiv- und rechtlose Dasein der Flüchtlinge aufzeigt.“
(Katharina Zeckau Filmdienst) 

„Die bewegliche Handkamera bleibt dicht an den glaubhaft agierenden Laiendarstellern und gibt der Szenerie eine beklemmende dokumentarische Unmittelbarkeit. Man könnte an italienischen Neorealismus denken, doch MEDITERRANEA ist ein unsentimentaler Film, der trotz seiner aufwühlenden Geschichte nie auf die Tränendrüse drückt.“
(Manfred Riepe, epd-film)

„Der Film sei vor allem jenen wärmstens empfohlen, die das Wort ´Wirtschaftsflüchtling´ nur zu gerne in den Mund nehmen, um damit gleichzeitig einen Abschiebungsgrund auszusprechen, aber auch jenen, denen zu einfach ein ´Wir schaffen das!´ über die Lippen kommt und die damit radikalisierten Bevölkerungsgruppen erst recht Munition liefern.“
(Markus Vorauer, Kirchenzeitung)


Filmografie:


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A CHIJÀNA (2011), Kurzfilm
A CIAMBRA (2014), Kurzfilm

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