The Card Counter
USA 2021, Regie/Drehbuch: Paul Schrader, K: Alexander Dynan, S: Benjamin Rodriguez Jr., M: Giancarlo Vulcano, Robert Levon Been, Darsteller: Oscar Isaac, Willem Dafoe, Tye Sheridan, Tiffany Haddish, 112 Minuten, OmdUT
Trailer
Inhalt
William Tell ist ein ehemaliger Soldat und heute ein Spieler, der das Kartenzählen beherrscht. Weil er weiß, dass es den Casinos egal ist, ob man Karten zählt und hierdurch gewinnt, solange man nicht zu viel gewinnt, spielt er nur mit einem Einsatz, der ihn nicht auf dem Radar der Betreiber erscheinen lässt. Er zieht von einer Stadt zur anderen, übernachtet aber nicht in den Casinohotels, sondern mietet in der Nähe günstige Motelzimmer an, damit man seine Bewegungen nicht verfolgen kann.
Eines Tages wird er von einem jungen Mann namens Cirk angesprochen. Dessen Vater folterte zusammen mit Major John Gordo Gefangene in Abu Ghraib und landete genau wie William hierfür im Gefängnis. Sein Vater nahm sich vier Jahre zuvor das Leben. Cirk möchte nun Gordo, der damals ungeschoren davonkam, zur Strecke bringen.
Kritiken
„Da sind sie wieder, die Einflüsse von Bressons Pickpocket, einem der absoluten Referenzfilme Schraders: Das Thema „ein Mann und sein Zimmer“ wird hier anhand der vielen Motels ebenso zelebriert, wie es eine Hommage an das Pickpocket-Ende gibt (und somit auch an Schraders eigenen Light Sleeper, dessen Finale ebenfalls Bresson zitierte). Und da Pickpocket bekanntlich auf Dostojewskis „Verbrechen und Strafe“ basiert, stellen sich die Fragen nach Schuld und Sühne wie von selbst.“
Oliver Stangl, ray Filmmagazin
„Anknüpfend an frühere Großtaten wie Hardcore hat Schrader nun mit The Card Counter noch einmal einen Film vorgelegt, der das Auftauchen des ´Bösen´ greifbar macht. Wie sehr er sich damit den Ängsten nähert, die soeben in Europa erweckt werden, konnte der Filmemacher nicht wissen. Die Welt scheint seiner nüchternen Desillusionierung recht zu geben.“
Patrick Holzapfel, Die Presse
Paul Schrader
Als Sohn streng calvinistischer Eltern studierte Paul Schrader am Calvin College in Grand Rapids und anschließend Filmwissenschaft an der University of California, um Filmkritiker zu werden. Nebenher bewertete er Drehbücher für Columbia Pictures. Er schrieb Filmkritiken für die Zeitschriften Film Quarterly und Film Comment.
Seine eher intellektuelle als emotionale Herangehensweise an Filme und das Filmemachen führt Schrader auf seine Jugend zurück, in der ihm der Kinobesuch verboten war. In seinem Aufsatz Transcendental Style in Film: Ozu, Bresson, Dreyer (1972) untersuchte er Gemeinsamkeiten der drei Regisseure. Im selben Jahr erschien sein in der Fachliteratur zum Film noir häufig zitierter Artikel Notes on Film Noir. Sein erstes verfilmtes Drehbuch, Yakuza (1974, Regie: Sydney Pollack), verfasste Schrader zusammen mit seinem Bruder Leonard Schrader. Darauf folgten die Drehbücher für Martin Scorseses Taxi Driver und Brian De Palmas Schwarzer Engel (beide 1976).
Größere Bekanntheit erlangte Schraders 1980 gedrehter Film American Gigolo mit Richard Gere. Vielen von Schraders Drehbüchern und Filmen gemeinsam ist das Porträt eines Charakters, der einen selbstzerstörerischen Weg eingeschlagen hat oder sich mit seinem Tun selbst schadet. Am Schluss seiner Filme steht für die betreffende Person oft ein Erlösungserlebnis – nach einem äußerst schmerzhaften Weg. Nicht selten ist dieses mit einer Art Selbstopferung oder einem kathartischen Gewaltakt verbunden.
Paul Schrader über seinen Film
„Das Problem ist meiner Meinung nach die Verantwortungslosigkeit, die unsere heutige Gesellschaft durchdringt. In dem Film haben wir einen Charakter, dem die Gesellschaft vergeben hat, aber nicht er selbst. Ich begann mit einer Frage: Was konnte er getan haben, das so schrecklich und unverzeihlich war? Aus diesem Grund habe ich einen Fall wie Abu Ghraib gewählt, weil es ein unauslöschlicher Fleck für die ganze Nation ist, nicht nur ein Verbrechen. Er ist ein Charakter, der sich selbst nicht vergeben hat, und wir beginnen darüber nachzudenken, was er getan haben könnte und über Abu Ghraib, was etwas ist, das die Nation beflecken kann und uns alle überleben wird. Deshalb bin ich zu dieser Figur gekommen.“
Paul Schrader, Pressekonferenz, Venedig
Filmografie
- BLUE COLLAR (1978)
- HARDCORE (1979)
- AMERICAN GIGOLO (1980),
- CAT PEOPLE (1980)
- MISHIMA: A LIFE IN FOUR CHAPTERS (1985)
- PATTY HEARST (1988)
- THE COMFORT OF STRANGERS (1990)
- LIGHT SLEEPER (1992)
- AFFLICTION (1997)
- AUTO FOCUS (2002)
- ADAM RESURRECTED (2008)
- THE CANYONS (2013)
- DYING OF THE LIGHT (2014)
- DOG EAT DOG (2016)
- FIRST REFORMED (2017)
- DARK (2017)