Mo, 11. — Sa, 16.01.2016 | 17:30 Uhr bzw. Sa 15:00 Uhr | City-Kino SWE 2014; Regie und Drehbuch: Ruben Östlund, Kamera: Fredrik Wenzel, Schnitt: Jacob Secher Schulsinger, Musik: Ola Flottum, Darsteller: Johannes Kuhnke, Lisa Loven Kongsli, Kristofer Hivju, Clara und Vincent Wettergren, Brady Corbet, 118 Min., OmdUtHöhere Gewalt – Turist
Inhalt:
Der Vater Tomas greift nach seinem Handy, stürzt davon und ergreift kopf- und rücksichtslos die Flucht, so wie viele andere Gäste auch. Allein Mutter Ebba bleibt bei ihren zwei Kindern und versucht sie zu beschützen. Alles geht gut aus, die Lawine kommt vor dem Restauant zum Stillstand, und doch ist nichts mehr so, wie es vorher war. Der Urlaub ist verdorben, die Beziehung zwischen Ebba und Tomas ist schwer gestört, das gesamte Familiengefüge in seinem Kern erschüttert. Kann Tomas als Familienvater und Ehemann jemals wieder ernst genommen werden?
Auszeichnungen:
Oscar 2014 : Nominierung für besten nicht englischsprachigen Film
Golden Globe 2015 :Nominierung für besten nicht englischsprachigen Film
Nordischer Filmpreis 2014: Nominierung bester Film
Europäischer Filmpreis 2014: Nominierung bester Film
Der Regisseur:
Ruben Östlund (geboren am 13. April 1974) ist ein schwedischer Filmregisseur und Drehbuchautor. Nach der Produktion einiger Skifilme zu Beginn der 90-er Jahre entschließt sich Östlund zum Studium an der Filmhochschule Göteborg, das er 2001 abschließt.
Seinen ersten Langspielfilm Gitarrmongot realisiert er 2004 mit einem Ensemble von Laiendarstellern. Für seinen zweiten Film De ofrivilliga erhält Östlund erstmals auch Nominierungen für den wichtigsten schwedischen Filmpreis. Der Durchbruch sollte ihm jedoch mit Play-Nur ein Spiel gelingen.
Die Teilnahme an den Filmfestspielen in Cannes ebnet dem Regisseur den Weg auf die internationale Bühne. Play basiert auf einer Serie von Übergriffen, die eine Jugendbande zwischen 2006 und 2008 im schwedischen Göteborg verübte. Anhand von Gerichtsakten und Interviews analysiert Östlund deren Ablauf und Methode und macht sie zur Grundlage seines Drehbuchs. Da die Mitglieder der Bande allesamt von schwarzer Hautfarbe sind, sieht sich der Regissseur zunächst – völlig unberechtigt – dem Vorwurf des Rassimus ausgesetzt. Vor allem die internationale Kritik entlarvt diesen Vorwurf aber sehr schnell als absurd und würdigt den Film. Sein neuer Film Höhere Gewalt (Originaltitel, der wesentlich näher dran ist am Film: Turist) erfährt große internationale Wertschätzung, leicht ablesbar an vielen Nominierungen für berühmte Auszeichnungen und Preise. Drehort ist das französische Nobel-Ski-Ressort Les Arcs.
Kritikerstimmen:
Östlund erweist sich mit Höhere Gewalt erneut als virtuoser Skeptiker zwischenmenschlicher Beziehungen. Seine langen, distanzierten Einstellungen registrieren aufmerksam kleinste Veränderungen in der Körpersprache der Figuren oder taxieren ihre Gesichter. Der Film kehrt dabei immer wieder zu tableauartigen Einstellungen zurück: Die Szenen von Tomas und Ebba vor dem Badezimmerspiegel beim abendlichen Zähneputzen fügen sich zum nuancierten Psychogramm einer ganz normalen Ehe. Den Weg zurück ins Hotel nach dem Lawinen-Zwischenfall inszeniert Östlund wortlos als eine Choreografie der Blicke zwischen den Erwachsenen und den Kindern. Dass sein ungerührter Überwachungskamerablick letztlich aber auch nur ein Stilmittel ist, verrät er in einer kurzen, irritierenden Szene, in der die Kamera für einige Sekunden die Perspektive einer Spielzeugdrohne einnimmt, die mitten in das Krisengespräch der Erwachsenen kracht. Einer von vielen Comic reliefs, die Östlund sehr gekonnt einsetzt, um die Distanz von Publikum und Figuren aufzuheben.
(Andreas Busche, Die Zeit)
Einen Film, der die Scheidungsrate in die Höhe treibt, habe er machen wollen, sagt der schwedische Autor und Regisseur Ruben Östlund über „Höhere Gewalt“. Diesen Anspruch dürfte Östlund erfüllt haben: Einen intelligenteren Film über die Widersprüche zeitgenössischer Geschlechter- und Familienbilder hat es in diesem Jahr noch nicht gegeben. Und einen böseren auch nicht.
(Hannah Pilarczyk, Der Spiegel)
Östlund und sein Kameramann Fredrik Wenzel setzen so ausgiebig wie unauffällig digitale Bildmanipulationen ein, um die Szenerien zu stilisieren. Das Luxushotel erscheint da wie eine in helles Holz gehaltene Massenproduktionsanlage für Familienharmonie. Die Weite der Bergpanoramen konterkariert die Enge der Beziehungsgeflechte und suggeriert sowohl Freiheit wie auch Verlorenheit.
Noch vor dem Moment der Verstörung wird die Harmonie der Familie in Frage gestellt, auch durch deren visuelle Überbetonung, etwa in der farblich perfekt abgestimmten Skikleidung von Kindern und Eltern. Wenn alle vier in uniformer Unterwäsche auf dem Hotelbett ein Nickerchen machen oder vor dem Badezimmerspiegel synchron die Zähne putzen, unterwandern kleinere Störungen diese Tableaus.
(Patrick Seyboth, epd Film)
Filmografie und Auszeichnungen:
2004 : Gitarrmongot
2008 : De ofrivilliga
2011 : Play – Nur ein Spiel (Play)
2014 : Höhere Gewalt (Turist)