Monos
COL, ARG, NED, D, URU, SWE 2019; Regie: Alejandro Landes; Drehbuch: Alejandro Landes, Alexis dos Santos; Kamera: Jasper Wolf; Musik: Mica Levi; Schnitt: Ted Guard, Yorgos Mavropsaridis, Santiago Otheguy; Darsteller: Sofia Buenaventura, Moises Arias, Julianne Nicholson, Julián Giraldo, Karen Quintero, Laura Castrillón; Länge: 102 Minutenovski, 100 Minuten, OmdUT
Trailer
Inhalt
In einer abgeschiedenen und entlegenen Bergregion irgendwo in Lateinamerika bilden acht Teenager so etwas wie eine paramilitärische Gruppe. Sie tragen Phantasie-Codenamen wie Rambo, Schlupf, Bigfoot oder Lobo. Ein Bote liefert Anweisungen einer mysteriösen Guerillagruppe, genannt ‚Die Organisation‘. In deren Namen müssen sich die Jugendlichen um eine Milchkuh und eine Gefangene, eine entführte Frau aus den USA, kümmern und diese bewachen. Als die Gruppe tiefer in den Dschungel gerät, steigen die Spannungen innerhalb der Gruppe, die gesamte Mission gerät ins Wanken.
Kritikerstimmen
Monos, das im besten Sinne pan-lateinamerikanische Unterfangen des in Brasilien geborenen und in Ecuador und Kolumbien aufgewachsenen Alejandro Landes, ist vor dem Hintergrund der langjährigen, bürgerkriegsähnlichen Konflikte in Kolumbien zu sehen, deren Frontverläufe so unübersichtlich sind wie die beteiligten Parteien zahlreich: Paramilitärs, Guerrillas, Narcos, staatliche Institutionen, Interessensvertreter aus dem Ausland.
Erst mit dem Waffenstillstandsabkommen zwischen der FARC, der einflussreichsten der Guerilla-Gruppen, und der Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos kam in den vergangenen Jahren ganz allmählich ein Friedensprozess in Gang, dessen endgültige Entwicklung allerdings noch nicht abzusehen ist. In Bildern quasi zweckfreier Schönheit transzendiert Monos die Qual eines zunehmenden Moral- und Werteverlustes und setzt den (jugendlichen) Opfern einer übergeordneten grausamen Struktur, aus der es (noch) kein Entrinnen gibt, eindringlich ein Mahnmal angemessener Größe.
Alexandra Seitz, RAY Filmmagazin
So intensiv Alejandro Landes die Dynamiken in der Gruppe beobachtet: Nichts sorgt in Monos für mehr Unbehagen als die Musik von Mica Levi, die von außerweltlichen Klängen kündet und sich mit der Bewegung startender Rotorblätter in aufgerissenen Abgründe wühlt. Immer weiter, immer tiefer – am Ende weiß niemand mehr, wofür er sein Leben aufs Spiel setzt und macht trotzdem weiter. Gewalt gewinnt die Überhand. Rauschartig packt sie die Jugendlichen, die vor allem mit einer Sache kämpfen: der eigenen (Un-)Schuld. Ohnmächtig hoffen sie auf etwas Großes, das ihrem Krieg einen Sinn gibt. Schlussendlich aber warten sie vergeblich auf Erlösung.
Nach und nach verschlingt der Dschungel die halbstarken Krieger, die in der Wildnis eine Heimat finden und trotzdem verloren in ihrer vermeintlichen Freiheit sind. William Goldings Lord of the Flies schwebt als thematisches Vorbild über den Bildern, die sich in die Ekstase eines nächtlichen Lagerfeuer stürzen, ehe der nächste Morgen ein bitteres Erwachen in der Asche des eigenen Untergangs bereithält. Wie ein Fiebertraum fühlt sich Monos zunehmend an. Und dann begibt sich Alejandro Landes mit seinen Protagonisten direkt ins Herz der Finsternis. Auch der Geist von Joseph Conrad schwebt somit über dieser Dschungel-Odyssee mit all ihren Gefahren und Möglichkeiten.
Matthias Hopf, das Filmfeuilleton
„Monos“ orchestriert das Aufeinandertreffen von adoleszenter Aufmüpfigkeit mit der Barbarei des Krieges mit atemberaubenden Tableaus, die im Zusammenspiel mit dem avantgardistischen Score von Mica Levi gerade in der zweiten Hälfte des Films, die vorwiegend im Urwald spielt, einen fulminanten Bildersturm entfesseln.
Simon Hauk, FILMDIENST
Hintergrund
Der Film wird unter schwierigsten Bedingungen im Hochland des Chingaza Nationalparks in Kolumbien gedreht. Die 90 Tage andauernden Dreharbeiten verlangen dem gesamten Filmteam alles ab und bringen alle Beteiligten wiederholt an ihre Grenzen.
Großteils stützt sich Landres auf jugendliche Laiendarsteller, alle aus dem Raum Medellin stammend. Eine Ausnahme ist Profi-Schauspieler Moses Arias, bekannt aus der Disney Serie ‚Hannah Montana‘.
Der Regisseur
Alejandro Landes wird 1980 in Sao Paulo, Brasilien, als Sohn einer Kolumbianerin und eines Ecuadorianers geboren. Er wächst in Kolumbien und in den USA auf. 2003 beendet er das Studium der Politikwissenschaften an der renommierten Brown University in Providence, Rhode Island. Neben seiner Arbeit als Journalist für den ‚Miami Herald‘ arbeitet er auch als Produktionsassistent für ‚Oppenheimer Presenta‘, einer wöchentlichen TV-Nachrichten-Show. Zusätzlich ist Landes sehr an Architektur und Design interessiert. Bereits sein erster Film ‚Cocalero‘ erlebt seine Uraufführung beim Sundace Film Festival. Der Film ist eine Dokumentation über den erfolgreichen Weg von Evo Morales zur bolivianischen Präsidentschaft. Bereits sein zweiter Film ‚Porfirio‘ wird beim Festival in Cannes präsentiert.
Filmografie
2007 Cocalero
2011 Porfirio
2019 Monos