Was geschah mit Bus 670?
(Original: Sin Senas Particulares) MEX 2020, Regie: Fernanda Valadez, Drehbuch: Astrid Rondero, Fernanda Valadez, K: Claudia Becerril Bulos, M: Clarice Jensen, S: Susan Korda, Astrid Rondero, Fernanda Valadez, Darsteller: Mercedes Hernández, Joan Jesús Varela, 99 Minuten, OmdUT
Trailer
Inhalt
Zentral-Mexiko: Zusammen mit einem Freund begibt sich der Teenager Jesús mit dem Bus 670 in Richtung der US-amerikanischen Grenze, durch deren riskante Überquerung sich viele Mexikaner ein besseres Leben versprechen.
Als mehrere Monate später die Leiche des Freundes auftaucht und auch von Jesús jegliches Lebenszeichen fehlt, gibt seine Mutter die Hoffnung nicht auf und macht sich trotz aller Warnungen auf die Suche nach ihrem Sohn.
Ihre Reise führt sie in die Todeszone Nordmexikos, einem der gefährlichsten Orte der Welt. Im Niemandsland begegnet sie vielen, die ihr Schicksal teilen – denn was mit Jesús passiert ist, ist längst kein Einzelfall. Schritt für Schritt kommt sie der Wahrheit näher.
Kritiken
„Aufgrund der fast schon ins Surreale tendierenden Gewalteskalation konkurrierender Drogenkartelle in Mexiko definieren zumal neuere Filme das Land „south of the border“ als eine Art „failed state“, in dem man sich besser schwer bewaffnet und im Konvoi wie im Irak oder in Afghanistan bewegt. An drastischen Bildern für eine drastische Realität ist kein Mangel. Da ist es interessant, wenn ein Film wie „Was geschah mit Bus 670?“ von Fernanda Valadez den „Sicario“-Ball in die Medien-Öffentlichkeit nördlich des Rio Grande zurückspielt. Gewissermaßen als einen Insider-Blick, aber ohne spektakuläre Actionsequenzen, ohne Star-Power, Hollywood-Dramaturgie oder romantisierendes Sentiment.“
Ulrich Kreis, Filmdienst
Fernanda Valadez
Die Regisseurin und Produzentin Fernanda Valadez wurde 1981 in Guanajuato in Mexiko geboren. Nach ihrem Abschluss an der Filmschule Centro de Capacitación Cinematográfia veröffentlichte sie zahlreiche Kurzfilme, die mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurden. WAS GESCHAH MIT BUS 670? ist Fernanda Valadez‘ erster Langspielfilm.
Für ihren ersten Kurzfilm DE ESTE MUNDO wurde Fernanda Valadez auf dem Filmfestival Guanajuato mit dem Preis für den besten Kurzfilm ausgezeichnet. Auch die mexikanische Film-Kammer bezeichnete ihn als besten Kurzfilm des Jahres.Ihr zweiter Kurzfilm 400 MALETAS, der im Rahmen ihres Studiums entstand, wurde 2013 für das Berlinale Talents Editing Studio ausgewählt und erhielt weltweit zahlreiche Preise. 2015 wurde der Film als Bester Kurzfilm für den Ariel-Award der Mexican Academy of Film nominiert und schaffte es ins Finale der Student Academy Awards.
Für das Drehbuch, die Realisation und die Postproduktion von WAS GESCHAH MIT BUS 670? erhielt Valadez zahlreiche Stipendien und Förderungen – u. a. vom nationalen Kulturfonds Mexikos (FONCA), und dem mexikanischen Filminstitut (IMCINE). Auf dem San Sebastián Film Festival wurde der Film mit dem „Films in Progress – Industry Award“. ausgezeichnet. Auf dem Sundance-Filmfestival gewann WAS GESCHAH MIT BUS 670? den begehrten Publikumspreis.
Für das Drehbuch zu ihrem aktuellen Spielfilm-Projekt RAMBLER hat Fernanda Valadez bereits ein weiteres FONCA-Stipendium erhalten. Sie ist Mitbegründerin der mexikanischen Produktionsfirmen EnAguas Cine und Corpulenta Producciones sowie Mitproduzentin der Filme PLASTIC von Ricardo Soto und THE DARKEST DAYS OF US von Astrid Rondero. Aktuell produziert sie die Dokumentation DEAR ANA an der Seite der renommierten Regisseurin Alejandra Sánchez (BAJO JUÁREZ, AGNUS DIE, SMUACK).
Fernanda Valadez über ihren Film
„WAS GESCHAH MIT BUS 670? ist mein erster Spielfilm als Regisseurin. Der Film steht auch sinnbildlich für den weiten Weg, den ich seit 2012 gegangen bin. Damals erreichten uns Nachrichten, die eine tiefe soziale und humanitäre Krise in Mexiko auslösten: Zahlreiche Journalist*innen und Aktivist*innen waren verschwunden und ermordet worden. Gegen Migrantinnen und Migranten, Frauen und Minderheiten wurde massive Gewalt ausgeübt. Dutzende von Massengräbern tauchten auf, immer mehr Leute wurden vertrieben und beliebte Wohngegenden verwandelten sich in Geisterstädte. Die Einstellung der Leute um mich herum änderte sich dramatisch und auch ich beschloss, den Komfort in Mexiko-Stadt aufzugeben und nach 15 Jahren in meine Heimatstadt zurückzukehren. Dort spitzte sich die Gewalt zu. Ich beobachtete, dass Reisende und Migrantinnen und Migranten am helllichten Tag verschwanden und wie ihre Familien anschließend in den Massengräbern nach ihnen suchten. Der Film erzählt vom Grauen und den Widersprüchen des gegenwärtigen Mexikos, von der hier herrschenden und scheinbar niemals enden wollenden Spirale der Gewalt und vom Unglück der Migrantinnen und Migranten. Gleichzeitig erzählt er eine Geschichte über Widerstand, Durchhaltevermögen und die Möglichkeit, einer zerrütteten Existenz wieder Sinn zu geben..“
Interview mit der Regisseurin Fernanda Valadez: „In Mexiko ist unser Problem die Distribution“ von Gabriel Lerman, 25. Januar 2020